Grundlagen Cartrails -
tryanderror - 28.12.2016
Herkömmlich wird unter einem
Cartrail verstanden, dass der Geruch einer Person auszuarbeiten ist, welche sich mit einem Kraftfahrzeug fortbewegt hat. Prinzipiell könnte jede Fortbewegung des Spurenlegers, die mit höherer Geschwindigkeit verursacht wurde darunter fallen, beispielsweise auch die mittels Fahrrad. Das trennscharfe Kriterium ist hier jedoch nicht zwingend die Geschwindigkeit sondern vielmehr der ungestörte Austausch der Umgebungsluft mit dem Fahrzeuginnenraum. Per se ist dieser beim Fahrrad- bzw. Motorradfahrer nicht beschränkt. Daher erfolgt nur die Betrachtung von umschlossenen Fahrerkabinen. Auch dabei ist zu differenzieren, handelt es sich um einen nur gering eingeschränkten Luftaustausch mit der Umgebung, wie es bei Fahrten mit offenem Fenstern bzw. Schiebedächern oder gar bei einem Cabrio mit geöffnetem Verdeck der Fall ist oder erfolgt ein Luftaustausch ausschließlich über die Lüftungsanlage des Fahrzeuges.
Anders als zur Thematik alter Trails sind dazu auch keine ansatzweisen Forschungsarbeiten bekannt. Aus eigenen Versuchen kann bestätigt werden, dass die Ausarbeitung von Trails, die dergestalt gelegt wurden, dass eine Person
in einem Fahrzeug mit geöffneten Fenstern bei Stadtverkehr üblicher Geschwindigkeit von 30 bis zu 50 km/h saß, einen auch nach mehreren Stunden auszuarbeitenden Trail erzeugte.
Daher wird für die folgenden Betrachtungen unter dem Begriff Cartrail ausschließlich der Sachverhalt umfasst, dass sich eine Person in einem Fahrzeug entfernt hat, bei welchem der Luftaustausch mit der Umgebung ausschließlich über die Lüftungsanlage des Fahrzeuges gewährleistet wurde.
Bei der Bewertung der, ggf. theoretischen Möglichkeiten zur „Machbarkeit“ der Ausarbeitung eines Cartrails ist auf die Anzahl der durch die Fahrzeugbelüftung nach außen gelangenden Bestandteile der Geruchsspur abzustellen.
Die häufigste Erklärung der Erzeugung menschlichen Geruchs ist die Vorstellung, dass menschlicher Geruch neben körpereigenen metabolischen Abbauprodukten durch bakterielle Wirkung auf abgestorbene Hautzellen und Sekrete produziert wird. Verschiedene Sachliteratur nimmt auf die von Syrotuck genannte Anzahl von 40.000 Zellen pro Minute, also ca. 667 Zellen/s Bezug. (Syrotuck, 1972) Neuere Studien (Roberts and Marks, 1980, Milstone, 2004) haben einen um den Faktor fünf höhere Anzahl, nämlich etwa 4800 Zellen/s genannt und andere sprechen sogar von rund 23000 Zellen/s. Mithin eine Verschiebung um fast den Faktor 35.
Welche Menge kann nun theoretisch und praktisch nach außen gelangen?Studien befassen sich mit dem Luftaustausch in Fahrzeugen vor dem Hintergrund der Belastung der Insassen mit Feinstaub. Grundsätzlich stellt die Luftaustauschrate im Fahrzeug bei geschlossenen Fenstern eine nicht-lineare Funktion der Fahrgeschwindigkeit dar. Je nach Fahrzeugtyp erfolgt bis zu 145 mal pro Stunde ein Luftaustausch. (Delfino and Wu, 2012) Bei Nutzung der Klimaanlage und insbesondere bei Schalterstellung Umluft wurden die Luftaustauschraten rapide abgesenkt und erreichten auch bei höheren Geschwindigkeiten nur noch einstellige Werte. Tendenziell waren die Werte in Abhängigkeit vom Alter des Fahrzeuges erhöht. Je nach Intensität der Lüftung werden bei einem Mittelklassefahrzeug bis 450 m³/h Luft ausgetauscht. (Ott et al., 2007; Flieger, 2013)
Wird davon ausgegangen, dass sich die Möglichkeit, eine solche Geruchsspur auszuarbeiten proportional zur Anzahl der vorhandenen Geruchsstoffe verhält, ist daraus zu schließen, dass je höher der Anteil vorhandener Geruchsstoffe ist, umso mehr spricht dafür, dass ein Cartrail ausgearbeitet werden könnte. Je nachdem, welche Zahl an Hautzellen, die ein Mensch pro Stunde verliert, zugrunde gelegt wird, ergibt sich eine Anzahl von mehreren Zehntausend Hautzellen pro Kubikmeter Luft, die in einer Stunde nach außen abgegeben werden.
Wird dieses Gedankenexperiment mit der Annahme fortgeführt, dass im günstigsten Falle alle 2,5 Minuten ein kompletter Austausch der Luft erfolgt, bedeutet dies, dass bei der innerorts gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h je nach zugrundegelegter Abstoßrate pro zurückgelegtem Meter über 250 Hautzellen nach außen gelangen. Nach Delfino/Wu ergibt sich ein Partikelverlust zwischen 20 und 40%, so dass 60% der Innenluftpartikel wieder nach außen gelangen. (Delfino and Wu, 2012) Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Hälfte der Partikel das Fahrzeug nicht mehr nach außen verlässt, weil sich diese im Lüftungssystem absetzen, könnten immer noch mehr als 100 Hautzellen pro Meter aus dem Fahrzeug in die Umwelt gelangen.
Dieses Rechenbeispiel erklärt jedoch nicht die entsprechende Verteilung der nach außen tretenden Geruchsstoffe nachdem diese das Fahrzeug verlassen haben. Es ist zu erwarten, dass diese sich entsprechend der physikalischen Gesetze verteilen und absetzen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Größe der Hautzellen eine Dicke von 0,5 – 3 μm und einen Durchmesser von 30 – 40 μm aufweist (Wagner, 2008, Graumann and Sasse, 2005, Yu et al., 2001, Gagna et al., 2009) senken sich diese in Luft je nach Größe etwa 2 bis 5 cm pro Sekunde ab. (Lide, 2005) Bis sie auf den Boden auftreffen und dort ggf. ablagern sind sie zwangsläufig den Einflüssen, die sich durch z. B. Witterungsbedingungen, Fahrzeugverkehr etc. ergeben, ausgesetzt. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Verwirbelungen, die durch den Einfluss der Geschwindigkeit des fahrenden Fahrzeuges entstehen und dadurch die austretenden Partikel mitreißen.
Anders als bei einem regulären Lüftungsaustausch mit der Umwelt sind unter den Bedingungen einer geschlossenen Fahrzeugkabine sowie der Einstellung der Fahrzeuglüftung auf Umluft und auch bei Klimatisierung die Werte um ein Vielfaches reduziert. Die Werte sind allerdings abhängig von Fahrzeugtyp und –alter. Daraus ist zu folgern, dass aufgrund des geringeren Luftaustausches mit der Umgebung auch weniger geruchsaktive Substanzen aus dem Fahrzeug gelangen und damit die Ausarbeitung einer entsprechenden Spur durch den Hund möglicherweise erschwert ist. Diese Annahme korrespondiert mit den praktischen Beobachtungen, dass der Hund keine weitergehende Spur ausarbeiten kann, wenn der Runner am Ende des Trails mittels verschlossenem Fahrzeug vom Ort verbracht wird.
Unabhängig von den oben benannten Aussagen
bedarf es für eine valide Aussage hier noch umfänglicher Versuchsreihen. Es ist keine wissenschaftliche Veröffentlichung bekannt, die sich mit dieser Problematik befasst.